Wiesbaden/Stuttgart/Hamburg, 11. Dezember 2014/CU. Ein Plus von ca. 13,5 Prozent haben die deutschen Waldorfschulen bei ihren Schülerzahlen im letzten Jahrzehnt zu verzeichnen, ihre Zahl
stieg von 74.703 im Schuljahr 2002/03 auf 84.763 im Schuljahr 12/13. Diese Zahl hat der Bund der Freien Waldorfschulen (BdFWS) jetzt veröffentlicht.
Thomas Rohloff, Leiter der Abteilung Bildungsdaten und -analysen beim BdFWS weist darauf hin, dass die Zahl der SchülerInnen aller Waldorfschulen inzwischen mit den Schülerzahlen der kleineren Bundesländer mithalten kann: „Das ‚Bundesland Waldorf’ wäre zur Zeit zwischen Bremen und Saarland anzusiedeln. Im Schuljahr 2012/13 hatte Bremen z.B. 65.716 Schüler, die Freien Waldorfschulen 84.763 und das Saarland 94.352, so gesehen wären die Waldorfschulen das neue 16. und Bremen das 17. Bundesland.“ Die Vergleiche mit den offiziellen Daten des Statistischen Bundesamts würden für die Waldorfschulen noch günstiger ausfallen, so Rohloff, wenn die heilpädagogischen Schulen in der Statistik Berücksichtigung fänden.
„Freie Schulen sind in Deutschland keine exotische Ausnahme mehr, sondern mitten in der Zivilgesellschaft angekommen, und daran haben auch die Waldorfschulen ihren Anteil“, betont Henning Kullak-Ublick vom Vorstand des BdFWS. Dem Elternwillen, der hier zum Ausdruck komme, müsse von Seiten der Politik Rechnung getragen werden, z.B. durch eine angemessene Finanzierung der freien Schulen, die allen Familien den Zugang ermögliche. Das Elternvotum richte sich auch deutlich gegen Standardisierung und Vereinheitlichung. „Monokulturen führen zur Verarmung, Vielfalt hingegen zu einer lebendigen Entwicklung – in der Kultur nicht weniger als in der Natur“, heißt es dazu in den „7 Kernforderungen an die Bildungspolitik“ des BdFWS.
Die Schülerzahlen an den allgemeinbildenden Schulen in freier Trägerschaft sind im Berichtszeitraum auf insgesamt 730.900 gestiegen, das entspricht einem Zuwachs um 23,8 Prozent. Diese Entwicklung verlief – so die Angaben der Abteilung Bildungsdaten und -analysen des BdFWS – in den alten und neuen Bundesländern sehr verschieden: In den alten Ländern stieg die Zahl der Schüler an freien Schulen um 13,8 Prozent, in den neuen Ländern sogar um 122,3 Prozent. Damit hat sich der Anteil der SchülerInnen für die alten Länder von 6,7 auf 8,5 Prozent erhöht, die der neuen Länder sogar von 3,1 auf 8,9 Prozent.
Insgesamt steigerte sich der Anteil der SchülerInnen freier Schulen bezogen auf die Gesamtschülerzahl in diesem Zeitraum von 6 auf 8,5 Prozent. In den einzelnen Bundesländern ist dieser Anteil sehr unterschiedlich, an der Spitze stehen Bayern (11,6 Prozent), Hamburg (10,6 Prozent), Bremen (10,3 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (10 Prozent), gefolgt von Berlin, Brandenburg, Baden-Württemberg und Sachsen mit rund 9 Prozent. Die Schlusslichter der Statistik bilden Hessen (6,9 Prozent), Niedersachsen (6 Prozent) und Schleswig-Holstein (4,6 Prozent).
Die Entwicklung der freien Schulen ist aus der Sicht des BdFWS umso bemerkenswerter, als das Statistische Bundesamt im Zehnjahreszeitraum einen Rückgang der Schülerzahlen an den allgemeinbildenden Schulen um 12,5 Prozent konstatiert aufgrund der demographischen Entwicklung. Auch der Rückgang verlief in den neuen und alten Bundesländern unterschiedlich: Während die allgemeinbildenden Schulen in den alten Bundesländern in den zehn Jahren 806.106 Schüler verloren (-10,1 Prozent), waren es in den neuen Bundesländern (einschl. Berlin) 417.292 (-23,4 Prozent). Im Schuljahr 2012/13 besuchten insgesamt noch 8,6 Mio. SchülerInnen die allgemeinbildenden Schulen in Deutschland.
Trotz der positiven Entwicklung des freien Schulwesens liegt Deutschland im internationalen Vergleich immer noch zurück: im OECD-Durchschnitt betrug der Anteil der SchülerInnen an freien Schulen 12,8 Prozent (Schuljahr 2011/12).
Quellen:
- Statistisches Bundesamt, Wiesbaden: Schulen auf einen Blick, Ausgabe 2014/Fachserie 11, Reihe 1
- Institut der deutschen Wirtschaft (IW), Köln
- Abteilung Bildungsdaten und -analysen im BdFWS: fortlaufende eigene Erhebungen
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